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Wer trägt die Arbeitsgerichtskosten bei einem Wettbewerbsverstoß ?Schadensersatz bei Wettbewerbsverletzung
21.03.18Zur Frage der Haftung von Arbeitnehmern für die Rechtsverfolgungskosten eines Arbeitgebers bei Wettbewerbsverstössen des Arbeitnehmers vor und nach der Kündigung
Im Zuge eines heftigen Korruptionsfalls in der Außendienstabteilung einer Mandantin von uns stellte sich die Frage, ob die Arbeitnehmer, die mit großem Schadenspotenial versucht hatten, ein Wettbewerbsunternehmen zu unserer Mandantin aufzubauen für die erheblichen Prozesskosten, die die Arbeitsgerichtsverhandlungen in den Verfahren gegen jeden einzelnen verursacht hatten, auch haften müssen.
Wettbewerbsverstöße auch vor dem Arbeitsgericht zu verfolgen
Das Ergebnis ist ernüchternd: Geht ein Arbeitgeber gegen Arbeitnehmer vor, die im Wettbewerb zu ihm getreten sind, beispielsweise insbesondere bei Fällen der Vorbereitung eines Ausscheidens durch unlauteren Aufbau eines Wettbewerbsunternehmens, so sind die Arbeitsgerichte auch für Klageverfahren wegen der Wettbewerbsverletzungen und unerlaubten Handlungen zuständig (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 die Arbeitsgerichtsgesetz). Diese Zuständigkeit besteht auch noch dann, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wurde.
Keine Kostenerstattung in der ersten Instanz
Gegenüber einem normalen Zivilverfahren, bei dem ein Wettbewerbsverstoß in der Regel vor der Kammer für Handelssachen vom zuständigen Landgericht behandelt wird, trägt im Urteilsverfahren beim Arbeitsgericht gemäß § 12a Arbeitsgerichtsgesetz jede Partei grundsätzlich die Kosten ihrer Prozessbevollmächtigten oder Beistandes selbst. Es besteht kein Anspruch auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis oder gar auf Erstattung der Kosten für einen Rechtsanwalt zu Gunsten der obsiegenden Partei. Anders nur, wenn nach dem Urteilsverfahren vor dem Arbeitsgericht noch der 2. oder 3. Rechtszug gegangen wird, wenn also beispielsweise ein ablehnendes Urteil des Arbeitsgerichtes vom Landesarbeitsgericht aufgehoben wird. Dann hat die obsiegende Partei einen Anspruch auf Erstattung ihrer Kosten. Dann besteht ein Schadensersatzanspruch hinsichtlich dieses Rechtszugs und der außergerichtlichen Kosten.
Verfolgung von Wettbewerbsverstößen nach UWG keine Ausnahme von Kostenerstattungsausschluss
Obwohl nicht unmittelbar über Arbeitsrecht, sondern mehr über Wettbewerbsrecht gestritten wird, ändert dies nichts an der grundsätzlichen Kostenregelung. Nach dem Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 30. April 1992, Az. 8 AZR 288/91) ist der Normzweck des § 12a Abs. 1 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz die "Verbilligung" des erstinstanzlichen arbeitsgerichtlichen Verfahrens. Keine Partei soll damit rechnen können oder müssen, dass Ihrem Falle des Obsiegens die eigenen Kosten ihres Prozessbevollmächtigten erstattet werden, oder dass ihr im Falle des Unterliegens die Kosten des Prozessbevollmächtigten des Gegners auferlegt werden könnten. Was im vor dem Arbeitsgericht am häufigsten betriebenen Kündigungsschutzverfahren grundsätzlich sinnvoll erscheint, wird nicht von allen gleich bewertet, wenn es um die Verfolgung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche geht. Fraglich war für uns in dem Korruptionsfall daher, ob diese Kostenregelung Auswirkung auf den materiell- rechtlichen Anspruch auf Kostenerstattung aus § 12 Abs. 1 Satz 2 OWiG hat. Die wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung und Literatur hat sich dem Problem bislang wohl nicht angenommen.
Betrachtet man jedoch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes (wie oben) so schränkt § 12a Abs. 1 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz nicht nur den prozessualen Kostenerstattungsanspruch ein, sondern entfaltet zugleich materiell- rechtliche Wirkungen. In Höhe der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten steht der Annahme eines nach materiell- rechtliche Normen ersatzfähigen Schadens § 12a Abs. 1 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz entgegen. Damit ist nach dem Wortlaut jeder Kostenerstattungsanspruch unabhängig von seiner Anspruchsgrundlage entsprechend gemindert.
Ausnahme nur bei Missbrauchsabsicht des Arbeitnehmers
Eine differenzierte Ansicht ergibt sich aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Stuttgart vom 8. April 2013 (Az. 9 Sa 92/12). Danach sind nicht jedwede Kosten von der Kostenerstattung ausgenommen, sondern nur solche Kosten, die zum einem Prozesskosten i. S. v. § 91 ZPO sind und zugleich Kosten der Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten. Eine Ausnahme läge nur vor, wenn der Schädiger die Regelung des § 12a Arbeitsgerichtsgesetz zweckwidrig einsetzt, um dem Gegner ein Schaden gerade dadurch zuzufügen, dass er wegen der Regelung des § 12a Arbeitsgerichtsgesetz Kosten aufwenden muss, die er sodann nicht erstattet verlangen kann. Ein solcher Fall dürfte aber selten nachweisbar sein. Denn selbst wenn die Beklagten möglicherweise wettbewerbswidrig gehandelt haben, ist Ihnen in der Regel eine Zielsetzung, nämlich den Kläger (Arbeitgeber) den Schaden nicht erstattungsfähiger Kosten für die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten zuzufügen, nicht nachweisbar.
Durchsetzung der Unterlassung hat Priorität
Was aber ist mit den Kosten der Abmahnung und dem vor dem Prozess geführten außergerichtlichen Rechtsverfolgung? Vorbereitungskosten für den Arbeitsgerichtsprozess gehören grundsätzlich zu den Kosten nach § 91 ZPO und als solche unterliegen sie wiederum dann, wenn sie durch Einschaltung eines Rechtsanwalts angefallen sind, dem Kostenerstattungsausschluss nach § 12a Abs. 1 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz.
Der Arbeitgeber ist daher wohl oder übel darauf angewiesen, die Kosten der Rechtsverfolgung selbst zu tragen und jedenfalls zu hoffen, mit dem gerichtlichen Maßnahmen dem wettbewerbswidrigen Treiben seiner Mitarbeiter oder ehemalige Mitarbeiter wenigstens effektiv Einhalt zu gebieten. Das ist uns in dem Fall glücklicherweise gelungen und dürfte mehr Wert sein, als die Erstattung der dadurch entstandenen Prozesskosten.
Sie haben Fragen im Grenzbereich zwischen Wettbewerbsrecht und Arbeitsrecht? Unser Ansprechpartner bei BRINK & PARTNER ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht sowie Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz Jochen- P. Kunze