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Rechtsstreit zwischen SSW-Kommunalpolitiker und BürgermeisterEndgültige Rehabilitation eines Gemeinde-Bürgermeisters

02.07.18Im Zuge unserer medienrechtlichen Orientierung schützen wir auch die Persönlichkeitsrechte von Menschen, die Objekt einer Rufmordkampagne geworden sind

Rufmord gegen Gemeinde-Bürgermeister

Bereits seit Ende 2016 haben wir einen Gemeindebürgermeister im nördlichen Schleswig-Holstein vertreten, der sich einer Rufmordkampagne durch einen politischen Mandatsträger aus dem Kreis der dänischen Minderheit gegenüber gesehen hat.

Unkritische Übernahme von Informationen eines Unternehmers

Dieser griff den Bürgermeister mehrfach mit unterschiedlichen Vorwürfen in Schreiben an, die er in der Gemeinde und dem Kreistag verbreitete. Dabei stellte sich in der gerichtlichen Aufarbeitung heraus, dass der politische Mandatsträger offenbar ohne eigenes kritisches Überprüfen erhebliche Vorwürfe artikulierte, ohne auch nur ansatzweise deren Richtigkeit nachvollzogen zu haben. Besondere Brisanz bekam dies dadurch, dass der politische Mandatsträger immer wieder mit Informationen von dem mittlerweile in Rente gegangenen und wirtschaftlich betroffenen Geschäftsführer einer Erschließungsgesellschaft versorgt wurde, dessen Sohn heute die Geschäfte erfolgreich weiter betreibt.

Unrichtige Behauptung von Korruptionsermittlungen

Mit Verwunderung zur Kenntnis nehmen musste der Bürgermeister der Gemeinde, das gegen ihn anonym Korruptionsvorwürfe wegen der Beteiligung an den Gemeindevertretungsbeschlüssen zur Ausweisung eines Baugebiets in der Gemeinde Langballig im Jahre 2001 artikuliert wurde. Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft hierfür in Kiel führte aber umfassende Vorermittlungen durch, die zu dem Ergebnis kamen, dass ein hinreichender Tatverdacht wegen  den anonymen Vorwürfe nicht erkennbar sei. Dies, obschon sich der ehemalige Geschäftsführer der Erschliessungsgesellschaft fast penetrant auch der Staatsanwaltschaft als Zeuge anbot und zahlreiche Behauptungen aufstellte. Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Bürgermeister wurde aufgrund fehlenden hinreichenden Tatverdachts gar nicht erst eingeleitet.

Unterlassungsverfügung des Amtsgerichts Flensburg

Der südschleswigsche Mandatsträger interessierte sich wohl für diese Zusammenhänge indes nicht und verbreitete in einer  in der Gemeinde verteilten Bürgerinformationen die Falschaussage, gegen den Bürgermeister sei der Antikorruptionsbeauftragten des Landes tätig und ein Strafverfahren würde gegen ihn laufen. Wir vertraten den Bürgermeister in einem einstweiligen Verfügungsverfahren hierzu vor dem Amtsgericht Flensburg. Das Amtsgericht verurteilte den südschleswigschen Mandatsträger dazu, die Behauptungen zu unterlassen, gegen den Bürgermeister liefen Ermittlungen und/oder schwebende Verfahren im Zusammenhang mit Ungereimtheiten und Korruption bei der dienstlichen Behandlung des gemeindlichen Baugebiets. Im Termin zur mündlichen Verhandlung wurde bei der persönlichen Befragung des südschleswigsche Mandatsträgers offenbar, dass dieser offensichtlich gänzlich uninformiert war und sich ausschließlich auf die Mitteilungen des ehemaligen Geschäftsführers der Erschließungsgesellschaft verlassen hatte, ohne deren Richtigkeit ansatzweise zu überprüfen. Dem südschleswigschen Mandatsträger wurde ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 200.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft angedroht, für den Fall, dass er diese Behauptungen wiederholt und mit Erklärung vom 31. Juli 2017 erkannte der südschleswigsche Mandatsträger die Rechtsverbindlichkeit der einstweiligen Verfügung des Amtsgerichts Flensburg an.

Weitere Agitationen des SSW-Politikers

Wer glaubte, dass der politische Revolverheld aus der dänischen Minderheit nun Ruhe gegeben hatte, täuscht sich. Er legte in einer weiteren Bürgerinformation nach, in der er zahlreiche Behauptungen aufstellte, die weiter darauf abzielten, den Bürgermeister der Gemeinde in ein schlechtes Licht zu rücken. So behauptete er, der Bürgermeister habe durch falsche Angaben erreicht, dass seine Fläche am Ortsrand als Bauland ausgewiesen worden sei. Er habe als einziger keinen Infrastrukturbeitrag in dem neuen Baugebiet zahlen müssen, alle anderen Anwohner schon. Die Straße vor seinem Grundstück hätte nicht ausgebaut werden müssen, obwohl dies im Bebauungsplan so vorgeschrieben war. Er habe angeblich zum Schaden der Gemeinde und der Anlieger Mehreinnahmen von einigen 100.000,00 € erlangt und letztlich habe die Gemeinde vor seinem Wohnhausneubau eine neue Straße ohne seine Kostenbeteiligung gebaut. Letztlich konnte er die Richtigkeit dieser Erklärungen nicht einmal darlegen.

Abgrenzung Zivilrechtsweg- Verwaltungsrechtsweg

Wir haben den Bürgermeister auch in dieser Sache, nun vor dem Landgericht Flensburg vertreten. Das Landgericht Flensburg führte zwar eine Beweisaufnahme durch, in der es auch den ehemaligen Geschäftsführer der Erschließungsgesellschaft persönlich angehörte. Das Landgericht entschied aber, dass es sachlich nicht zuständig sei und verwies auf den Verwaltungsrechtsweg. Letztlich fehlerhaft, wie der endgültige Beschluss des Oberverwaltungsgerichts in Schleswig ausweist. Die Sache wurde dann vor dem Verwaltungsgericht in Schleswig dennoch weiter verfolgt. Punktsieg für den südschleswigschen Politiker, denn die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist noch mehr belastet als die Zivilgerichtsbarkeit und das zieht die Bearbeitungszeit solcher Fälle in die Länge.  

Abgrenzung Meinungsäusserung - falsche Tatsachenbehauptung

Das Verwaltungsgericht  hatte die schwierige Aufgabe zu erfüllen, abzugrenzen zwischen unrichtigen Tatsachenbehauptungen und reinen Meinungsäußerungen des südschleswigschen Mandatsträgers. In einer für uns und unserem Mandanten nicht ganz nachvollziehbaren Entscheidung vertrat das Verwaltungsgericht hinsichtlich einzelner der oben genannten Behauptungen die Auffassung, es handele sich nicht um Tatsachenbehauptungen, sondern es handele sich um reine Meinungsäußerungen. Daher setzte sich das Verwaltungsgericht mit der Unrichtigkeit der Behauptungen gar nicht erst auseinander. Letztlich ließ die spätere Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts hiernach erkennen, dass das OVG diese Einschätzung des Verwaltungsgerichts nicht in jeder Hinsicht teilte (siehe unten).

Keine Bestätigung der Richtigkeit der Aussagen des SSW-Politikers durch das Verwaltungsgericht

Im Hinblick hierauf war unsere Rechtsverteidigung in der ersten Instanz nicht erfolgreich, was den südschleswigsche Mandatsträger zu der Aussage brachte, er habe vor Gericht recht bekommen. Dies ist natürlich nicht richtig, weswegen der von uns vertretene Bürgermeister aber nicht weiter gegen ihn vorgegangen ist. Letztlich bestätigte das Oberverwaltungsgericht unsere Einschätzung aber "im Vorbeimarsch".

Das Verwaltungsgericht hatte nämlich seine Aussagen lediglich als Meinungsäußerungen und sie nicht als Tatsachbehauptung gewertet. Daher hatte sich das VG nicht mit der Frage der Richtigkeit der aus unserer Sicht hierin enthaltenen Tatsachenbehauptungen auseinandergesetzt. Hinsichtlich der entscheidenden weiteren Aussagen hatte das Verwaltungsgericht dem südschleswigschen Mandatsträger ebenfalls aufgegeben, die Aussagen in Zukunft zu unterlassen. Dies betraf insbesondere die danach unrichtige Behauptung, der Bürgermeister habe durch falsche Angaben erreicht, dass seine Fläche an Ortsrand als Bauland ausgewiesen wurde und er habe zum Schaden der Gemeinde und der Anlieger Mehreinnahmen in Höhe von einigen 100.000,00 € erlangt.

Unergiebige Beschwerde des SSW-Politikers zum Oberverwaltungsgericht

Auch die am 20. Juli 2017 ergangene Entscheidung war nicht das Ende dieser Auseinandersetzung. Der südschleswigsche Mandatsträger legte gegen die Unterlassungsverfügung des Verwaltungsgerichts Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht ein. Das ganze Thema wurde durch den zeitlichen Verlauf zum Wahlkampfthema in der Gemeinde und die Saat, die der südschleswigsche Mandatsträger und wohl auch der ehemalige Geschäftsführer der Erschließungsgesellschaft sähen wollten,  hätte aufgehen können. Es ist offenbar der Klugheit der Einwohner in der Gemeinde zu verdanken, dass sie sich von dem Agitationen dieses Politikers nicht so sehr haben beeindrucken lassen.

Im Nachgang zur Kommunalwahl in Schleswig- Holstein hat das Schleswig- Holsteinischen Oberverwaltungsgericht nun per Beschluss die Unterlassungsverfügung des Verwaltungsgerichts in Schleswig bestätigt.

Unschlüssigkeit der Behauptungen des SSW-Politikers zur Untermalung seiner Behauptungen

Interessant dabei ist, dass das Oberverwaltungsgericht die zulässige Beschwerde deswegen für vollkommen unbegründet hält, weil bereits der Sachvortrag, den der südschleswigsche Mandatsträger vorgebracht hat, unschlüssig sei. Die Entscheidung erfolgte also nicht alleine auf der Basis der vorgebrachten Beweismittel, sondern schon aufgrund der Würdigung der unzureichenden Darlegungen des Politikers der dänischen Minderheit. So hätten bereits die Aussagen des ehemaligen Geschäftsführers der Erschließungsgesellschaft nicht den Vortrag des südschleswigschen  Mandatsträgers gestützt, sondern vielmehr den des Bürgermeisters.

Beweismittel des SSW-Politikers stützen die Position des Bürgermeisters

Auch die von dem ehemaligen Geschäftsführer der Erschließungsgesellschaft reingereichten eidesstattlichen Versicherungen zeichneten für das Oberverwaltungsgericht kein anderes Bild. Das Oberverwaltungsgericht stellt damit fest, dass der Bürgermeister gegenüber den Entscheidungsträgern der Gemeinde im Zusammenhang mit der Ausweisung des neuen Baugebiets ersichtlich keine falschen Angaben gemacht hat. Soweit der ehemalige Geschäftsführer der Erschließungsgesellschaft sich selbst als getäuschtes Opfer des Bürgermeisters dargestellt hatte, stellte das Oberverwaltungsgericht fest, dass nach dem Ergebnis der Aktenlage dieser sich im Zuge seiner Untersuchungen zur Baulandentwicklung in Langballig selbst u. a. durch Gespräche mit allen Eigentümern der in Betracht kommenden Flächen in jeder Hinsicht kundig gemacht hatte und demzufolge aus eigener Wahrnehmung auch über die seinerzeit "schwierige Entscheidungslage" eines weiteren Landwirts informiert war, der in dem jetzigen Verfahren als Kronzeuge gegen den Gemeinde- Bürgermeister aufgeführt wurde. Auch dessen Aussagen würdigte das Oberverwaltungsgericht dahingehend, dass Sie dem entsprechen, was der Gemeinde- Bürgermeister immer vorgetragen hat.

Soweit der südschleswigsche Mandatsträger behauptet hatte, der Gemeinde- Bürgermeister hätte in 6-stelliger Höhe Erschließungskosten erspart, hat das Oberverwaltungsgericht diese Einlassungen bereits als unschlüssig festgestellt.

Ebenso wenig stellte das Oberverwaltungsgericht fest, dass den Gemeinde- Bürgermeister durch unterbliebene Zahlung eines Infrastrukturbeitrags einen Schaden verursacht hätte.

Soweit sich im Zuge des Verfahrens der Eindruck verfestigte, die Motivation des ehemaligen Geschäftsführers der Erschließungsgesellschaft wäre es gewesen, die unzureichenden eigenen Kalkulationen seiner geschäftlichen Tätigkeit damals als Grund zu nehmen, nun gegen den Gemeinde- Bürgermeister zu schießen, hat das Oberverwaltungsgericht die Verantwortlichkeit für die Fehlkalkulation deutlich bei dem ehemaligen Geschäftsführer der Erschließungsgesellschaft verortet. Es stellte fest, dass es dem Gemeinde- Bürgermeister jeder Einflussnahme entzogen ist, wie der Erschließungsträger seine Erschließungskosten kalkuliere und nach welchen Kriterien er diese auf die Erwerber der einzelnen Grundstücke umgelegt.

Die hypothetischen Berechnungen, die der südschleswigsche Mandatsträger im Übrigen zur Darlegung von Mehreinnahmen des Bürgermeisters in Höhe von mehreren 100.000,00 € anführte, erklärte das Oberverwaltungsgericht für hypothetisch und unschlüssig.

Ungenügende Sorgfalt des SSW-Politikers

Ferner stellte das Oberverwaltungsgericht fest, dass der südschleswigsche Mandatsträger bereits im Mai 2017 positive Kenntnis davon hatte, dass es kein Ermittlungsverfahren gegenüber dem Bürgermeister gegeben hat. Das Oberverwaltungsgericht stellte fest, dass derjenige, der nachteilige Tatsachenbehauptungen über andere aufstellt nicht nur einer Pflicht zur sorgfältigen Recherche unterliegt, sondern dass höhere Anforderungen an die Erfüllung der Sorgfaltspflicht zu stellen sind. Diese Sorgfaltspflichten ist der südschleswigsche Mandatsträger wie das Oberverwaltungsgericht festgestellt hat, ersichtlich nicht nachgekommen.

Verrohung der Kommunalpolitik?

Man könnte jetzt meinen: Eine Provinzposse oder auch "viel Lärm um nichts". Das Verfahren zeigt aber, dass partiell auch in der Kommunalpolitik eine Verrohung des Umgangs stattfindet und Intellekt und Werte einzelner Mandatsträger nicht zu den Anforderungen passen, die von einem Mandatsträger persönlich zu erwarten wären. Angesichts des Umstands, dass Kommunalpolitik vorliegend eine ehrenamtliche Tätigkeit ist, ist diese Entwicklung betrüblich und auch der Erfolg vor dem Oberverwaltungsgericht ändert an dieser nachteiligen Entwicklung nichts. Der Bürgermeister hat sich aus Altersgründen in der Kommunalwahl 2018 nicht mehr zur Wahl gestellt. Sein jüngerer Fraktionskollege ist jetzt Bürgermeister.

Umfassende Würdigung der falschen Behauptungen

Eine gewisse Genugtuung ergibt sich bei dem Beschluss der Oberverwaltungsgericht, daß sich dieses offenbar nicht der Meinung des Verwaltungsgerichts anschloss, einzelne  Behauptuungen des südschleswigschen Hasardeurs seien reine Meinungsäußerungen und daher wegen ihrer Unrichtigkeit nicht gesondert zu verfolgen. Das Oberverwaltungsgericht setze sich auch mit der Unrichtigkeit dieser Aussagen auseinander und stellte bei keiner der Aussagen eine nachgewiesene Richtigkeit fest.Und dies alles aufgrund des Rechtsmittels, daß der SSW-Politiker selbst eingelegt hatte.